2. Förderphase
Kurzdarstellung der zweiten Phase der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe
"Zukünfte der Nachhaltigkeit: Modernisierung, Transformation, Kontrolle"
(Beginn: Dezember 2023)
Ausgangspunkt für die zweite Förderphase des DFG-Kollegs „Zukünfte der Nachhaltigkeit“ ist die Zuspitzung der Konflikte um Nachhaltigkeit im Zeichen fortschreitender ökologischer Zerstörung. Zukunft scheint in gegenwärtigen gesellschaftlichen Deutungen im Angesicht sich wechselseitig verstärkender Krisen – Klimakrise und Wetterextreme, Covid-19 und Lockdown-Proteste, Ukrainekrieg und Inflation – eher als gebrochen und dystopisch, denn als offener und positiv gestaltbarer Horizont. Zugleich legen Krisensituationen auch neue Handlungspotentiale frei. Unter dem Druck vielfältiger gesellschaftlicher Akteure und Protestbewegungen wird neu über gesellschaftliche Naturverhältnisse und die Rolle des Staates in der Wirtschaft nachgedacht, infrastrukturelle Investitionen werden geplant und rechtliche Neuerungen eingeführt. Diesem gesellschaftlichen Ringen um Nachhaltigkeit und den damit verbundenen theoretischen Herausforderungen will das Kolleg durch neue Themensetzungen in der zweiten Förderphase Rechnung tragen.
Dabei wenden wir uns zum einen stärker den Prozessen der Verflechtung und Überlagerung der in der ersten Phase der Kolleg-Forschungsgruppe untersuchten Pfade der Modernisierung, Transformation und Kontrolle zu. Unsere Ausgangsvermutung ist, dass disruptive und krisenhafte Entwicklungen erhöhte Kontrollbemühungen in verschiedenste Richtungen mit sich bringen, die auch in Projekte der Modernisierung bzw. der Transformation hineinwirken.
Zum anderen untersuchen wir zentrale Brennpunkte aktueller Auseinandersetzungen um nachhaltige Zukünfte. Zukünfte der Nachhaltigkeit, werden als issues in einer Reihe gesellschaftlicher Arenen verhandelt, in denen jeweils verschiedene Akteursgruppen um Deutungshoheit ringen und in denen sich auch das Politische in der ökologischen Krise auf je unterschiedliche Weise artikuliert. Diese Arenen der Nachhaltigkeit bilden sich insbesondere um Prozesse der Beteiligung und des kollektiven Entscheidens und Kooperierens (Arena der Beteiligung), um die Neuaushandlung von Grundrechten und kollektiven Pflichten (Arena des Rechts), um die Reform öffentlicher und privater Systeme der Klassifizierung und Bewertung (Arena der Taxonomien) und um Fragen der kulturellen, religiösen und spirituellen Weltdeutung (Arena der Sinnstiftung).
Schließlich werden drei übergeordnete Perspektivierungen – Natur, Macht, Zukunft –über die gesamten vier Jahre mitlaufend reflektiert und sollen die Theoriebildung voranbringen. Die erste Perspektivierung widmet sich den gesellschaftlichen Naturverhältnissen und -verständnissen als Konflikten um multiple sustainabilities (Natur). Die zweite untersucht, inwiefern ökologische Notlagen und politische Ausnahmesituationen existierende Ungleichheiten verschärfen und neue machtvolle Hierarchisierungen begründen (Macht). Die dritte rückt den Blick auf die Vorstellungen und Präfigurationen von Zukunft vor dem Hintergrund zunehmender Katastrophen (Zukunft).
Neben den wissenschaftlichen Debatten mit den internationalen Fellows ist das Kolleg einer Public Sociology verpflichtet und sucht den Austausch mit relevanten gesellschaftlichen Akteuren – etwa im Dialog mit Vertreter:innen aus Politik und Zivilgesellschaft. Das geschieht durch gezielte Partnerschaften mit Kulturinstitutionen und durch das Programm der „Writers in Residence“, in dessen Rahmen wir mit Journalist:innen, Schriftsteller:innen und Künstler:innen zusammenarbeiten, die sich mit Nachhaltigkeitsproblemen auseinandersetzen.
Die zweite Kollegphase beginnt im Dezember 2023 und wird geleitet von Prof. Dr. Frank Adloff, Prof. Dr. Christine Hentschel und Prof. Dr. Stefan Aykut.